Die Zauneidechse in Göttingen - Biologische Schutzgemeinschaft - Vereinigung für Natur- und Umweltschutz zu Göttingen e. V.

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Die Zauneidechse in Göttingen


Die Zauneidechse – Das Reptil des Jahres 2021 im Landkreis Göttingen

Einen Aufruf zur Meldung von Nachweisen aus der Region Göttingen finden Sie am Ende des Textes.

Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist eine der farbenfrohsten und zeigefreudigsten einheimischen Reptilienarten: In der Paarungszeit stechen die Männchen durch ihre intensiv grün gefärbten Flanken ins Auge, und mit etwas Glück kann man die wärmeliebenden Tiere an Wegrändern, Bahntrassen und sogar in Gärten beim Sonnenbad beobachten. Wie viele Arten der extensiven Offenlandschaft nimmt sie jedoch kontinuierlich im Bestand ab. In der Roten Liste Niedersachsens wird sie deshalb mittlerweile als „gefährdet“ gelistet, und ihre Vorkommen sind durch die ausgeräumte Agrarlandschaft oft zerschnitten.

Lebensraum & Verbreitung in Südniedersachsen

Dabei ist die Art, wie schon ihr Name verrät, eigentlich ein vergleichsweise anspruchsloser Bewohner von wärmebegünstigten Grenzstrukturen und Übergangsbereichen, wie Wald- und Wegrändern oder Verkehrswegen. Auch flächige Offen- und Halboffenhabitate wie Heiden und Magerrasen werden besiedelt. Wichtig ist, dass durch eine wechselnd hohe und dichte Vegetation eine gewisse strukturelle Vielfalt vorliegt, welche den Tieren erlaubt, entlang eines Temperatur- und Feuchtegradienten ihre Körpertemperatur und ihren Wasserhaushalt zu regulieren. Totholz, Altgraspolster oder Offenboden dienen dabei als Sonnenplätze, während dichter bewachsene Bereiche etwa bei der Jagd durchstrichen werden. Als Verstecke, in welchen ungünstiger Witterung oder Fressfeinden entgangen werden kann, können verschiedene Erdbauten, Reisig- und Steinhaufen oder Gleisschotter dienen.

Im Weser-Leine Bergland und im Landkreis Göttingen finden sich Zauneidechsen in den klassischen Sekundärlebensräumen entlang von Straßen, Bahntrassen und anderen linearen Strukturen, solange noch ausreichend breite Grünlandsäume vorhanden sind. Als naturnahe, flächige Habitate sind Kalkmagerrasen und eher trockene, extensiv bewirtschaftete Grünlandflächen von besonderer Bedeutung. Auch im Göttinger Stadtgebiet sind verschiedene Vorkommen der Zauneidechse bekannt. Dazu zählen Parkanlagen (z. B. Leinepark, Neuer Botanischer Garten), Brachen und Randbereiche großer Industrie- und Handelsgebiete (z. B. Siekhöhe, Siekanger) und weite Teile des Nordcampus der Universität Göttingen.

Gefährdung

Sowohl in der freien Landschaft als auch im urbanen Bereich verlieren Zauneidechsen in Südniedersachsen zunehmend ihren Lebensraum. In der Agrarlandschaft sind kaum noch ausreichend breite und heterogen bewachsene Saumhabitate wie in Form von Ackerrainen vorhanden, und der Übergang zwischen Feld und Wald ist vielerorts zu abrupt und kleinflächig. Auf den verbliebenen Magerrasen hängen die Vorkommen stark von einem naturschutzfachlichen Management ab, welches die Sukzession langfristig zurückdrängen muss, dabei aber die nötige Vielfalt von Kleinstrukturen erhält.

Im Stadtgebiet von Göttingen steigt der Druck auf die Zauneidechse insbesondere, da auch für andere wärmeliebende Organismengruppen wie Wildbienen relevante Brachflächen innerhalb von Industrie- und Handelsgebieten verstärkt bebaut werden. Hier wird die Zauneidechse schnell zum naturschutzrechtlichen Problemfall, da sie (und ihre Lebensräume) als Art des Anhangs IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union nicht gestört, geschädigt oder getötet werden dürfen. Leider wird bei Bauvorhaben überwiegend kurzfristig auf teure und meist ineffektive Abfang- und Umsiedlungsaktionen gesetzt, welche zu einem Nettoverlust in Populationsgröße und Lebensraum führen. Vielversprechender wären Maßnahmen der Eingriffsvermeidung und der vorgezogenen und begleitenden Sicherung, Vergrößerung und Vernetzung vorhandener Lebensräume. Dafür müssten Flächen mit potenzieller Habitateignung jedoch ausreichend früh kartiert werden, da im Optimalfall bereits mehrere Jahre vor Baubeginn mit Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen begonnen werden sollte. Einen zusätzlichen negativen Effekt auf Zauneidechsenpopulationen im Stadtgebiet könnten die beispielsweise an der Burg Hardenberg und in Göttingen-Weende bereits nachgewiesenen allochthonen Mauereidechsen (Podarcis muralis) haben, die innerhalb von wenigen Jahren große Populationen aufbauen können und dann gegebenenfalls mit den einheimischen Zauneidechsen um Lebensraum und Ressourcen konkurrieren. Auch wildernde Hauskatzen dürften im Stadtgebiet hohen Druck auf Zauneidechsenpopulationen ausüben.
Aufruf zur Fundmeldung!

Um ein besseres Bild der Verbreitung und der besiedelten Habitate der Zauneidechse im Landkreis und im Stadtgebiet von Göttingen zu bekommen, koordiniert die BSG eine Datenbank mit Zauneidechsenfunden ehrenamtlicher Melder*innen. Ein detailliertes Bild der Verbreitung hilft dabei herauszufinden, wo Zauneidechsen durch Habitatpflegemaßnahmen unterstützt werden können. Außerdem kann so gezeigt werden, wo bei Eingriffen und Bauvorhaben künftig eine vorausschauende Planung nötig ist.

Wenn Sie also eine Zauneidechse gesichtet haben, können Sie mit der Zusendung eines Belegfotos und/oder der Koordinaten des Fundpunktes an zauneidechse@biologische-schutzgemeinschaft.de zum Schutz dieser schönen Tiere beitragen. Daneben können Sie ihre Bilder auch direkt der Projektdatenbank im Netzdienst iNaturalist unter Angabe von Fundort und -zeit hochladen:

Weitere frei zugängliche Informationen und Hinweise zur Biologie, zum Schutz und zur Eingriffsplanung bei Bauvorhaben finden sich in der Broschüre der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) zum Reptil des Jahres 2020/2021, welche Sie unter folgendem Link abrufen können: https://www.dght.de/pressematerial-reptil-des-jahres-2021

© Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen
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