Bratental, Roringen - Biologische Schutzgemeinschaft - Vereinigung für Natur- und Umweltschutz zu Göttingen e. V.

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Bratental, Roringen

Koordinaten für den Treffpunkt: 51.57256, 10.009

Das NSG–Bratental ist seit 1982 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es ist insgesamt 115 ha groß und umfasst orchideenreiche Kalk-Buchenwälder, Gebüsche trockenwarmer Kalk-Standorte, Kalk-Halbtrockenrasen und Ackerflächen (die jedoch nicht nach Naturschutz-Gesichtpunkten bewirtschaftet werden).
Der geologische Untergrund besteht aus mittlerem Muschelkalk.
Der Kalk-Halbtrockenrasen, auf dem wir heute Pflegemaßnahmen durchführen, entspricht dem FFH–Lebensraumtyp *6210 Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen (Festuco-Brometalia, besondere orchideenreiche Bestände). Hierbei handelt sich um einen „prioritären Biotop“

Kalkmagerrasen sind Kulturrelikte, die aus Schaftriften hervorgegangen sind, wie sie bis in die 60ger Jahre des letzten Jahrhunderts in Nutzung waren. Durch die Aufgabe der Nutzung ist dieser Biotoptyp flächenmäßig und qualitativ stark rückläufig und im Bestand gefährdet.
Die Gründe für den Rückgang sind:
• Umwandlung in Wald
• Sukzession zu Gebüschen trocken warmer Kalkstandorte
• Versaumungsstadien von Kalkmagerrasen (durch Nährstoffeintrag und mangelnde Pflege)
• Ruderale Hochstaudenfluren (durch Nährstoffeintrag und mangelnde Pflege)

Größter Kalkmagerrasen des NSG-Bratental:
Auch bei diesem Kalkmagerrasen lassen sich Verbrachungszeichen erkennen. Der Magerrasen zeigt sich recht hochwüchsig (eigentlicher Kalkmagerrasen ist grün gekennzeichnet. Bei den anderen Flächen handelt es sich um alte Ackerbrachen bzw. um ein kleines Waldstück, das in den Kalkmagerrasen hinein ragt). Fiederzwenke und Saumarten nehmen immer mehr zu und Gehölze dringen in die Flächen ein. Besondere Probleme bereiten die Schlehe, die Espe und der Rote Hartriegel, da diese Gehölze stark zur Ausbildung von Wurzelbrut neigen. Weniger problematisch sind die Weißdornarten und die verschiedenen Rosen. Aus Sicht des Artenschutzes sollten Rosen und Weißdorn nur nach sorgfältiger Bestimmung entfernt werden, um seltene und gefährdete Arten zu schonen. Das gleiche gilt für die Berberitze und für die Wildobstarten Wildbirne und Wildapfel, sowie für die Elsbeere.
Konkurrenzschwache Arten wie Schmalblättriger Lein (Linum tenuifolium) und Dreizähniges Knabenkraut (Orchis tridentata) halten dem Konkurrenzdruck nicht stand und verschwinden. Für den Schmalblättrigen Lein, der in Niedersachsen nur noch auf zwei Flächen vorkommt und dessen Gesamtzahl bei weniger als 50 Exemplaren liegt, könnten Hilfsmaßnahmen bereits zu spät kommen.
Die geeignete Pflege für Kalkmagerrasen ist die Beibehaltung der Beweidung durch Schafe. Günstig wirkt sich eine Beimischung von Ziegen (5-10%) aus, da Ziegen im Gegensatz zu Schafen einen Gehölzanteil von 25-30% in der Nahrung bevorzugen. (Schafe 10-15%). Kühe und Pferde sind weniger geeignet für eine Beweidung von Kalkmagerrasen, da bei diesen Tierarten der Verbiss von Gehölzen nur gering ist, die Trittbelastung jedoch in Abhängigkeit von der Tierrasse z. T. erheblich sein kann. Die beste Variante ist die Beweidung mit einer größeren Schafherde. Die Tiere weiden die Fläche in kurzer Zeit ab, wodurch die Störung zeitlich sehr begrenzt bleibt. Die Tiere müssen nachts auf Flächen gekoppelt werden, die eine höhere Nährstoffversorgung vertragen, da Schafe und Ziegen überwiegend nachts ihren Kot absetzen. Eine Zufütterung muss unbedingt unterbleiben.
Leider gibt es heute kaum noch Wanderschäfer. Eine Koppelhaltung ist die zweitbeste Lösung. Sie geht jedoch mit einer über längere Zeiträume ausgedehnten Störung einher und führt nur zu einem geringen Nährstoffentzug, aber zu einer Umverteilung der Nährstoffe zu den Lagerplätzen der Tiere, die nicht unbedingt zu den „wertloseren“ Bereichen gehören. Auch hier ist derzeit der Mangel an geeigneten Tierhaltern zu beklagen. Alle Beweidungsmaßnahmen bedürfen einer manuellen oder maschinellen Nachbehandlung, da die Tiere Gehölze zwar verbeißen, aber nicht ausrotten.
Eine manuelle oder maschinelle Pflege kann nur als Notbehelf angesehen werden. Wobei die maschinelle Mulchmahd den Erhaltungszustand meist verschlechtert (Verfilzung der Grasnarbe). Eine Besonderheit des Bratentals ist der Schmalblättrige Lein, der niedersachsenweit nur an zwei Standorten vorkommt, die sich beide östlich der Stadt Göttingen befinden. Die Gesamtzahl der Individuen liegt unter 50 Pflanzen. Deshalb wurden im Herbst 2011 Samen von den noch existierenden Pflanzen abgenommen, aus dem im Alten Botanischen Garten Pflanzen herangezogen werden sollen. Diese Maßnahme ist mit dem Umweltministerium abgestimmt und gehört zum Projekt „Arche Niedersachsen“.

Der Thymian-Ameisenbläuling (Glaucopsyche arion = Maculinea arion) ist der größte mitteleuropäische Bläuling. Er kommt in Niedersachsen nur an wenigen Stellen vor. Besiedelt werden von ihm kurzrasige, beweidete Kalkmagerasen. Die Eier werden an Thymian (Thymus pulegioides), seltener auch an Wildem Dost (Origanum vulgare) abgelegt. Zunächst befressen die Raupen die Pflanzen bis sie das Dritte bis Vierte Larvenstadium erreicht haben. Dann lassen sich die Raupen zu Boden fallen und sind dann darauf angewiesen möglichst schnell von der einzig geeigneten Ameisenart (Myrmica sabuleti) gefunden zu werden. Wird sie von einer anderen Ameisenart gefunden, wird sie meist gefressen. Wird die Raupe jedoch von der richtigen Ameisenart gefunden, vollzieht sich ein bis zu vier Stunden dauerndes Adoptionsritual, bei dem die Ameisen ein von der Raupe abgesondertes Drüsensekret aufnehmen. Schließlich wird die Raupe in das Ameisennest eingetragen wo sie vom Herbst an lebt. Pro Ameisennest lebt meist nur eine Raupe, die sich von Ameisenlarven ernährt aber von den Wirtsameisen verteidigt und gepflegt wird. Als Gegenleistung versorgt die Bläulingsraupe die Ameisen mit ihrem Drüsensekret. Dieses Sekret enthält verschiedene Zucker und ist ausgesprochen energiereich.
Eine gewisse Bindung an Ameisen besteht bei den meisten Bläulingsarten, ist jedoch bei den Ameisenbläulingen am stärksten ausgeprägt, wobei es sich nicht um ein symbiotisches, sondern um ein parasitisches (Kleptoparasitismus) Verhältnis handelt.

Insgesamt kommen 33 Pilzarten (1 RL), 29 Flechtenarten (3 RL) und 46 Moosarten (5 RL, 6 V) im Bratental vor. Die gefährdete Flechtenassoziation Aspicilietum contortae (auf Kalksteinen in Halbtrockenrasen) kommt in guter Ausbildung im NSG vor und sollte bei der künftigen Pflege mitberücksichtigt werden (kein zuwachsen lassen von Lesesteinhaufen).



2010 ist ein Vorkommen der bundesweit vom Aussterben bedrohten Zwerg-Heideschnecke (Xerocrassa geyeri) (REINHARD URNER) gefunden worden. Entgegen vieler anderer Fundorte in Deutschland, wo nur leere Gehäuse nachgewiesen werden konnten, wurden im Bratental auch zahlreiche lebende Tiere gefunden.

Eine Artenliste (aus dem Jahr 2010) der Gefäßpflanzen, Moose, Algen, Pilze, Flechten, Heuschrecken und Schmetterlinge, die im Bratental vorkommen, können Sie hier als pdf runterladen.
© Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen
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